Seit 1976 hat Österreich ein Bäderhygienegesetz (BHyg G), das die Grundlage darstellt für die Bereitstellung einer einwandfreien Wasserqualität in sämtlichen öffentlichen Bädern. Damit ist Österreich eines der wenigen Länder weltweit, das die Hygiene in diesem Bereich gesetzlich regelt.
Bestrebungen dieser Art hat es auch in Deutschland gegeben, aber trotz mehrerer Anläufe konnte bis heute kein politischer Konsens für eine gesetzliche Regelung gefunden werden. Zwar gibt es das Infektions-Schutzgesetz (IfSG) mit relativ allgemein gehaltenen Formulierungen sowie eine Empfehlung des Umweltbundesamtes (UBA); konkrete Rahmenbedingungen werden aber nur in einer technischen Richtlinie der Deutschen Industrie Norm – der DIN 19 643 – definiert. Nun entwickelt sich der technische Fortschritt kontinuierlich, natürlich auch in der Verfahrenstechnik, sprich Wasseraufbereitung. Diesem Prozess muss im Rahmen der allgemein anerkannten Regeln der Technik Rechnung getragen werden. Dies geschieht durch die zyklische Bestandsaufnahme der definierten Rahmenbedingungen und, wo notwendig bzw. sinnvoll, Ergänzung und/oder Neuaufnahme von Verfahren, zum Beispiel der Ultrafiltration in der DIN.
Aus diesem Grund ist am 1. Oktober 2012 die Bäderhygieneverordnung in Kraft getreten, um eine sinnvolle Anpassung an den aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik zu erreichen. Dasselbe Ziel gilt für die fast zeitgleich veröffentlichte DIN 19643, Teil 1-4, Stand: November 2012. Interessant ist ein Vergleich der beiden Regelwerke über die Landesgrenzen hinweg. Am ehesten gelingt dies mit dem Abgleich der wichtigsten chemischen und physikalischen Anforderungen an die Beckenwasserqualität.
Ohne im Detail Übereinstimmungen bzw. Abweichungen diskutieren zu wollen, kann man allgemein feststellen, dass sowohl die Bäderhygieneverordnung als auch die DIN im Vergleich mit den meisten anderen Ländern weltweit einen führenden Stellenwert haben und einem hohen Anspruch an die Qualität des Schwimm- und Badebeckenwassers gerecht werden. Diese Aussage wird unter anderem bestätigt durch die definierten pH-Bereiche und die geringen Richt- und Grenzwerte für das am häufigsten verwendete Desinfektions- und Oxidationsmittel Chlor. In der Konsequenz sind sowohl die Mess-, Regel- und Dosiertechnik als auch die Einzelanalytik in Rahmen der Eigenüberwachung gefordert mit einer hohen Nachweisgenauigkeit. Am Beispiel der Einzelanalytik werden nachfolgend Hinweise gegeben für die genaue Analyse einer repräsentativen Wasserprobe.
Tipps für die präzise Untersuchung von Beckenwasser in der Einzelanalytik
Die Bäderhygieneverordnung (BHyg V) in Österreich (A) und die DIN 19 643 in Deutschland (D) erschienen im Jahr 2012 und bilden die Grundlage für den Betrieb und die Überwachung öffentlicher Bäder. Für die Aufrechterhaltung einwandfreier, hygienischer und chemischer Rahmenbedingungen ist eine Einhaltung mikrobiologischer, physikalischer und chemischer Hygiene-Hilfsparameter unter allen Betriebsumständen zwingend notwendig. Daher ist der Betreiber eines Bades im Rahmen der Verkehrssicherung zur Eigenüberwachung verpflichtet und muss über die ermittelten Messdaten ein Betriebstagebuch führen. Die nachfolgenden Ausführungen über die korrekte Verwendung von Einzel-Analysesystemen und Reagenzien beziehen sich explizit auf Lovibond®, können aber in den grundsätzlichen Aussagen auch auf andere Gerätesysteme adaptiert werden. Aufgabe der Einzel-Analysensysteme ist es, die im Bad installierten Mess- und Regelgeräte auf ihre Nachweisgenauigkeit und einwandfreie Funktion zu prüfen sowie die Wasserqualität im Becken anhand der chemischen Hygiene-Hilfsparameter freies, gebundenes Gesamtchlor und des pH-Wertes zu bestimmen.
Reagenztabletten oder Flüssigreagenzien?
Die Beantwortung dieser Frage hat fast schon philosophischen Charakter und führt häufig zu kontroversen Diskussionen. Grundsätzlich erhält man mit beiden Darreichungsformen im Rahmen der Toleranz der DPD-Methode (Diethyl-p-phenylendiamin) bei richtiger Vorgehensweise übereinstimmende Ergebnisse. Grundlage für die DPD-Methode ist das Referenzverfahren DIN EN ISO 7393-2 (Water-Quality-Determination of free chlorine and total chlorine – Colorimetric method). Reagenztabletten haben den Vorteil, dass sie bis zu der Entnahme aus der unbeschädigten Aluminium-Durchdrück-Verpackung frisch sind. DPD Nr. 1- und DPD Nr. 3-Tabletten müssen eine weiße Oberfläche haben. Graue oder braune Sprenkel auf der Oberfläche deuten auf eine vorzeitige Alterung hin, bedingt durch die chemische Reaktion mit Luftsauerstoff und -feuchtigkeit. Diese Tabletten eignen sich nicht mehr für die Analyse und sind zu verwerfen. Jede Tablette enthält die optimale Reagenzdosierung. In der DPD Nr. 1-Tablette ist sowohl das Reagenz als auch der pH-Puffer zur Einstellung der 10 ml-Wasserprobe auf einen pH-Wert zwischen 6,2 und 6,5 enthalten. Nur in diesem pH-Bereich läuft die Farbentwicklung optimal ab. Reagenztabletten unterliegen keinen besonderen Lagerbedingungen. Es reicht völlig, sie unter den normalen Umgebungsbedingungen aufzubewahren. Die garantierte Mindesthaltbarkeit beläuft sich auf zehn Jahre ab Herstellungsdatum. Somit sind Reagenztabletten, einzeln eingesiegelt in einer Aluminium-Durchdrückverpackung, die ideale Darreichungsform in der Vor-Ort-Analytik.
Die im Handel befindlichen DPD-Flüssigreagenzien entsprechen grundsätzlich nicht der DIN EN ISO 7393-2. Sie werden von den am Markt befindlichen Anbietern „stabilisiert“, um den Gebrauch über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten. Üblich sind Haltbarkeitsangaben zwischen zwölf und 24 Monaten, allerdings nur bei optimaler Aufbewahrung. Da Flüssigreagenzien unabhängig vom Hersteller unter Sonneneinstrahlung bzw. Wärme (zum Beispiel Lagerung auf der Heizung) sehr schnell vorzeitig altern, empfiehlt sich bei Nichtgebraucht die Aufbewahrung unter Kühlschrankbedingungen bei ca. +6 ℃ bis +10 ℃. Anders als bei der DPD Nr. 1-Tablette benötigt man für die Bestimmung des freien Chlors zwei Flaschen mit unterschiedlichem Inhalt. In der ersten Flasche befindet sich der Puffer zur pH-Werteinstellung der Wasserprobe, in der zweiten das DPD Nr. 1-Reagenz. Beides muss separat aufbewahrt werden, da es in flüssiger Form miteinander reagiert und innerhalb kürzester Zeit für die Analyse unbrauchbar wäre. Wichtig für die Probenvorbereitung ist die Reihenfolge der Reagenzzugabe sowie die genaue Anzahl und die gleichmäßige Größe der Tropfen. Nach dem Gebrauch sind die Flaschen sofort mit den dazugehörigen Deckeln zu verschließen, da es sonst zu einem Kontakt mit Luftsauerstoff und -feuchtigkeit und hierdurch bedingt zu einer vorzeitigen Alterung kommt. Die Deckel dürfen nicht verwechselt werden, um die Kontamination der Indikatoren zu vermeiden.
Achtung!
Weder Reagenztabletten noch Flüssigindikatoren mit der Haut in Berührung bringen, da der auf der Haut befindliche Schweiß (Stichwort: Harnstoff) zu einer maßgeblichen Verfälschung des Messergebnisses führt.
Probenvorbereitung
Mit der DPD Nr. 1-Tablette bestimmt man zunächst das freie Chlor: Eine saubere Küvette wird mit dem zu untersuchenden Wasser gespült. Einige Tropfen werden in der Küvette zurückgelassen. Die DPD Nr. 1-Tablette wird zugegeben und mit einem sauberen Rührstab zerdrückt; anschließend wird bis zur 10 ml-Marke aufgefüllt, der Küvettendeckel aufgesetzt, die Probe durch Schwenken vermischt und der Wert sofort gemessen. Mit der DPD Nr. 3-Tablette bestimmt man den Gehalt an Gesamtchlor. Nach Ermittlung des Messergebnisses (freies Chlor) wird zu der bereits gefärbten Probe eine DPD Nr. 3-Tablette zugegeben, mit einem sauberen Rührstab zerdrückt, der Deckel aufgesetzt, die Probe mit Schwenken vermischt und das Messergebnis zwei Minuten nach Zugabe der DPD Nr. 3-Tablette abgelesen (Gesamtchlor). Zieht man vom Gesamtchlor den Wert für freies Chlor ab, erhält man den Gehalt an gebundenem Chlor.
Die DPD Nr. 3-Tablette enthält Kalimiodid, das bereits in geringster Konzentration die Bestimmung des Gesamtchlors ermöglicht. Aus diesem Grund ist es unbedingt notwendig, nach der Bestimmung des Gesamtchlors die Küvette, den Deckel und den Rührstab gründlich unter Leitungswasser zu reinigen. Wird dieser Verfahrensvorschrift keine Aufmerksamkeit geschenkt, können anhaftende Spuren von Kaliumiodid – DPD Nr. 3 – bei einer anschließenden Messung des freien Chlors in derselben Küvette einen zu hohen Gehalt an freiem Chlor vortäuschen, und zwar zulasten des Gesamtchlors. Das heißt, man misst unfreiwillig von vornherein das Gesamtchlor und glaubt, es sei freies Chlor. Die Lovibond®-Flüssigreagenzien für die Bestimmung von freiem Chlor bestehen aus zwei Komponenten, die tropfenweise der Probe zugesetzt werden. Analog zur Bestimmung von Gesamtchlor mit Tablette wird bei Verwendung von Flüssigreagenzien eine dritte Komponente in Tropfenform zugegeben. Darüber hinaus ist darauf zu achten, dass die verwendete Küvette (gleiches gilt natürlich für den Deckel und den Rührstab) chlorzehrungsfrei ist. Manche Haushaltsreiniger und Geschirrspülmittel enthalten reduzierende Stoffe. Diese verursachen eine Chlorzehrung in der Probe und damit zu niedrige Messwerte. Die einfachste Art, chlorzehrungsfreie Küvetten zu erhalten, ist, diese bei Nichtbenutzung in chlorhaltigem Wasser aufzubewahren. Vor Gebrauch werden diese dann mit der Probe einfach nur mehrfach gespült.
pH-Wert-Messung
Obwohl die elektrochemische Messung mit einer Messtoleranz von maximal +/-0,1 Einheiten in den Regelwerken genannt ist, wird in der Praxis häufig photometrisch mit dem Indikator Phenolrot bestimmt. Die elektrometrische Bestimmung hat den Vorteil größerer Genauigkeit über den gesamten Bereich von 0-14 pH, allerdings den Nachteil regelmäßiger Kalibrierung mittels technischer Pufferlösungen zur Kompensation der Drift (Alterung) der pH-Elektrode. Moderne Photometer erzielen ebenfalls eine Genauigkeit von +/-0,1 pH-Einheiten. Nachteilig ist, dass der Indikator Phenolrot nur den eingeschränkten Bereich zwischen pH 6,5-8,4 erfassen kann. pH-Werte im sauren und alkalischen Bereich außerhalb von 6,5-8,4 können nicht bestimmt werden.
Resümee
Diese Abhandlung soll Ihnen Hinweise und Anregungen geben für die einwandfreie Beurteilung von Schwimm- und Badebeckenwasser anhand der gängigsten Hygiene-Hilfsparameter, die differenzierte Chlorbestimmung und die pH-Wertbestimmung.